Am Morgen des 16. Juni fanden sich die ‘Experten’ der KITA Häger gemeinsam mit ihren Erzieherinnen Frau Kock, Frau Branse und „Elli“ Frau Becker Jostes auf dem Hof Oskamp ein. – Die Bezeichnung
„Experten“, dies sollte vorab geklärt werden, ist ein Häger-spezifischer Gruppenname für die ältesten Kinder des Hauses, also für die Fünf- bis Sechsjährigen. – Mit der Erlaubnis der Oskamps
hatten wir ein Treffen vereinbart, um Steinkäuze kennenzulernen.
Denn da Hubert Große-Lengerich und ich vor drei Jahren eine Niströhre in einem der Apfelbäume des Anwesens aufgehängt hatten und sich dieses Jahr erstmals Nachwuchs eingestellt hatte, war es eine
großartige Gelegenheit, den ‘Experten’ einen kleinen Steinkauz persönlich vorzustellen.
Eine glückliche Fügung war, dass Frau Oskamp an diesem Morgen zugegen war und Zeit hatte, uns zu begleiten. Später zeigte sie den Kindern noch weitere Bereiche des Hofes.
Zunächst aber gab’s für die Kinder, die sich vorab schon intensiv auf das Thema vorbereitet hatten und übrigens ihrem Gruppennamen alle Ehre erwiesen, etwas Anschauungsmaterial über die
Entwicklungsstufen der jungen Steinkäuze, über die Lebensweise dieser kleinsten Eulenart unserer Region und über die Maßnahmen zu ihrem Schutz.
So setzten sie sich auf die mitgebrachte Decke auf den Rasen am Haus der Oskamps und nutzten das Treffen lebhaft, um Fragen zu stellen, auf die sie im Rahmen ihrer Vorbereitung auf das Treffen
gestoßen waren. Darunter Fragen zur Anatomie der Eulen, wie weit diese ihren Kopf drehen können, wofür sie den Gesichtsschleier benötigen, ob sie die Mäuse mit den Krallen fangen und welche
Augenfarben Eulen haben. Besprochen wurde ebenfalls die Nachtaktivität der Eulen. Auch wollten die Kinder den Unterschied zwischen den Bezeichnungen Eule und Kauz wissen. Und ein wichtiges Thema
war ihnen ganz selbstverständlich der Eulenschutz, der hier anhand der Funktion der aufgehängten künstlichen Niströhre konkretisiert werden konnte.
Nach der Einführung und nachdem der größte Wissensdurst gestillt war, nahmen die ‘Experten’ die Röhre ins Visier, d.h. sie mussten aus doch gewisser Distanz den länglichen Fremdkörper in einem
der Bäume mit Hilfe der mitgebrachten Ferngläser lokalisieren. Die Röhre war, obwohl der Baum in vollem Laub steht, außerordentlich schnell gefunden!
Nun folgten noch ein paar Verhaltensregeln für die Begegnung mit einem jungen Steinkauz, wobei sich herausstellte, dass sie den Kindern bereits bekannt waren, und schon setzte sich unser kleiner
Trupp Richtung Apfelbaum in Bewegung.
Dort angekommen, stieg ich auf die mitgebrachte Leiter, öffnete die Röhre und entnahm einen der drei kleinen Käuze, die drei Wochen zuvor dort geboren waren.
Die Reaktion des Jungvogels entscheidet über den weiteren Verlauf einer solchen Begegnung: ist er an seiner Umgebung interessiert oder ängstigt er sich. Bei letzterem hätte ich ihn sofort in die
Röhre zurückgesetzt. Aber dieser Jungvogel zeigte sich recht keck. Eine Zeitlang ließ ich ihn die Kinderschar, die mittlerweile einen Halbkreis gebildet hatte, von der Leiter aus ins Auge fassen.
Dann trug ich ihn zu den Kindern herunter. Und da sie sich so fantastisch verhielten, ließ er sich sogar von ihnen anfassen. Und er ermöglichte den ‘Experten’ damit eine ganz besondere Begegnung,
bei der die Berührung seines so weichen Gefieders den Höhepunkt bildete.
Für den jungen Vogel dürfte die Begegnung aber doch anstrengend gewesen sein, daher setzte ich ihn alsbald zu seinen Geschwistern in die Röhre zurück, die ihn ganz nach Jungvogel-Mentalität „me
first (Zuerst ich)“ nur mäßig freudig begrüßten.
Mit den Kindern ging’s dann zurück zum Haus, bzw. zur mitgebrachten Decke, wo sie bei einer wohlverdienten leiblichen Stärkung noch die letzten Fragen stellen konnten, ehe ich mich
verabschiedete. An dieser Stelle übernahm Frau Oskamp die Führung und zeigte den Kindern weitere Bereiche des Hofes, darunter auch die Schwalben und ihre Nester in der Scheune.
Dass es zu einer so harmonischen Mensch-Wildvogel-Begegnung kam, die ich gerne nächstes Jahr wiederholen möchte, ist der Verdienst der Erzieherinnen der KITA Häger, die für diesen Ausflug eine
umfassende und vorbildliche Vorarbeit geleistet haben. Danke!
Nachtrag: Die spätere, besorgte Frage einer Mutter wohl angesichts des nachfolgenden Fotos, ob die Euleneltern ihr Junges weiterhin füttern, obwohl es nach Mensch riecht, konnte eine ‘Expertin’
fachgerecht beantworten, hier sinngemäß wiedergegeben: Der Geruchssinn von Eulen ist generell wenig ausgebildet. Dass der Jungvogel von Menschen angefasst wurde, stört die Altvögel
nicht.
Text: Dr. Susanne Petschel