Botanischer Spaziergang zu Früchten in Mecklenbeck am vergangenen Erntedank-Sonntag, den 1. Oktober

Drei Generationen unter einem Dach und ein Fässchen voller Nüsse

Britta Ladner (links) erläuterte verschiedene Früchte und Fruchtformen in Mecklenbeck (Foto: Thomas Ladner)
Britta Ladner (links) erläuterte verschiedene Früchte und Fruchtformen in Mecklenbeck (Foto: Thomas Ladner)

 

Am vergangenen Erntedank-Sonntag, den 1. Oktober, lockte der erste goldene Oktober-Tag knapp zwanzig Naturfreunde nach Mecklenbeck, um sich unter der Leitung der Naturführerin Britta Ladner von der AG Botanik des NABU Münster verschiedene Früchte genauer anzuschauen und etwas über ihre Verbreitung zu erfahren.
Da eine Frucht per definitionem die Blüte im Zustand der Samenreife ist, war zunächst die Mithilfe der zahlreichen fachkompetenten Teilnehmer gefragt. Mit Hilfe einer Magnettafel fügten sie gemeinsam mit der Exkursionsleiterin alle Bestandteile einer Blüte stimmig zusammen und verfolgten dann die modellhafte Wandlung der Blüte zur Frucht.
So vorbereitet wurde die Gruppe gleich zu Beginn des Spaziergangs mit den Hagebutten der Kartoffel-Rose konfrontiert, die, wie alle Hagebutten, Scheinfrüchte und damit ein Sonderfall unter den Früchten sind. Die eigentlichen Früchte sind die "Kerne" - kleine Nüsschen - im Inneren. Hagebutten sind die Vitamin-C-reichsten Früchte unserer Breiten und damit nicht nur beim Menschen zum Beispiel als Marmelade beliebt, sondern auch bei Vögeln, die so für ihre Verbreitung sorgen. Die dicken und leuchtend roten Hagebutten der Kartoffel-Rose bildeten einen interessanten Kontrast zu den sehr kleinen Hagebutten der Büschel-Rose und den schwarzen der Bibernell-Rose.
Weiter ging es zu den noch unreifen, dicht gedrängten Fruchtständen des Breitblättrigen Rohrkolbens und den mit Kletthäkchen besetzten Nussfrüchtchen (Doppel-Achänen) der Wilden Möhre, die ein charakteristisches "Nest" bilden. Auch die winzig kleinen, mit Flughaaren gesetzten Früchte des Gewöhnlichen Wasserdosts wurden genauer betrachtet. Als Schirmchenflieger werden sie vom Wind verbreitet.
Einen schönen Beweis für das harmonische Zusammenleben von drei Generationen unter einem Dach lieferte eine Schwarz-Erle, bei der neben den leeren zapfenartigen Fruchtständen des letzten Jahres und den noch grünen, unreifen dieses Jahres bereits die männlichen Blütenkätzchen des kommenden Jahres deutlich erkennbar waren. Die eigentlichen Früchte sind kleine Nüsschen, die durch luftgefüllte Kammern schwimmfähig sind und so vom Wasser an für ihre Keimung geeignete Orte transportiert werden.
Dann spielten noch einmal Hagebutten die Hauptrolle. Die Hunds-Rose ist die häufigste heimische Wildrosen-Art und ihre Hagebutten sind es, die in Hoffmann von Fallerslebens Lied "Ein Männlein steht im Walde" besungen werden. Zur allgemeinen Freude stimmten einige Teilnehmer der Exkursion das Lied sogleich an. Die Bezeichnung "Hagebutte" übrigens bedeutet ihrem sprachlichen Ursprung nach "Heckenfässchen". Bei der Hagebutte handelt es sich also, wie jetzt ja alle wussten, um ein "Fässchen" voller Nüsse.

Fruchtbecher von Ess-Kastanie und Rot-Buche im Vergleich (Foto: Britta Ladner)
Fruchtbecher von Ess-Kastanie und Rot-Buche im Vergleich (Foto: Britta Ladner)

Als nächstes standen die Früchte von Rosskastanie, Rot-Buche und Ess-Kastanie auf dem Programm. Hierbei konnten die Teilnehmer die stacheligen Kapselfrüchte der weiß-blühenden Rosskastanie mit den fast stachellosen der rot-blühenden Rosskastanie vergleichen. Auch der deutliche Befall des Laubs der weiß-blühenden Rosskastanie durch die Rosskastanien-Miniermotte fiel ins Auge.
Bei den Früchten der Rot-Buche und der Ess-Kastanie handelt es sich nicht um Kapseln, sondern um Nüsse, deren Fruchtbecher eine große Ähnlichkeit aufweisen. Alle drei Arten werden durch Tiere, zum Beispiel Eichhörnchen und Eichelhäher, verbreitet, die die Früchte als Wintervorrat verstecken. Da nicht alle Verstecke wieder gefunden werden, bleiben viele Früchte übrig, die im nächsten Jahr auskeimen können. Das vergangene Jahr 2016 war vor allem bei den Rot-Buchen ein Mastjahr, also ein Jahr besonders reicher Fruchtbildung, so dass sich dieses Jahr allerdings kaum Bucheckern finden lassen.
Bei der heimischen Stiel-Eiche galt das Interesse nicht nur ihren Nussfrüchten, sondern auch drei Arten von Gallen, die durch die Eichenschwamm-, Eichenrosen- und Knoppern-Gallwespe hervorgerufen werden. Hormonell wirkende Substanzen veranlassen die Eiche, durch eine veränderte Gewebebildung passende "Kinderstuben" für die Larven der Gallwespen auszubilden.
Die Apfelfrüchte einer Runzelblättrigen Zwergmispel gaben den Anstoß, sich diesen Fruchttyp, der nur bei den Rosengewächsen vorkommt, anhand mitgebrachter Äpfel genauer anzuschauen. Die eigentliche Frucht ist das "Kerngehäuse", das eine Sammelbalgfrucht darstellt, so dass es sich auch bei dieser Fruchtart um eine Scheinfrucht handelt. Mit einem Lächeln erinnerten sich einige Gruppenmitglieder an das bekannte Kinderlied "In meinem kleinen Apfel", das den Aufbau dieser Frucht anschaulich beschreibt. Der Fünfstern, den die einzelnen Bälge bilden, ist ein Symbol für Glück.
Im weiteren Verlauf des Spaziergangs fiel auf, dass sich an vielen Gehölzen, die saftige oder fleischige Früchte tragen, bereits jetzt kaum noch Früchte finden lassen. Dies spiegelt den hohen Bedarf solcher Früchte in der Vogelwelt wider und mahnt zur Vorsicht beim Beschneiden von Hecken und Gehölzen, da hierbei ein großer Teil dringend benötigter Vogelnahrung verloren geht.
Den Abschluss der Führung bildete ein Blick auf das Pfaffenhütchen und die Eibe, zwei stark giftige Pflanzen. Das Pfaffenhütchen fällt nicht nur durch seine pinkfarbenen Kapseln auf, sondern auch durch den jeweils zusätzlich ausgebildeten orangefarbenen Samenmantel (Arillus). Auch bei der Eibe findet sich ein - hier leuchtend roter - Samenmantel, der den einzigen ungiftigen Teil der Pflanze darstellt, was jedoch lieber niemand ausprobieren wollte. Als Nadelgehölz gehört die Eibe zu den nacktsamigen Pflanzen, so dass ihre "Früchte" keine Früchte im eigentlichen Sinne sind.
Mit diesen letzten Informationen trennte sich die Gruppe schließlich nach gut zwei Stunden voller Sonnenstrahlen und erstaunlich vielen Früchten in diesem scheinbar fruchtarmen Jahr.