Agrarlandschaft in Deutschland
Der NABU setzt sich bundesweit für eine umweltverträgliche Landwirtschaft ein, die artenreiche, lebendige Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen schafft. Hier finden Sie umfangreiche Informationen zur notwendigen Agrarwende. Agrarlandschaft, besonders auch im Münsterland, bedeutet seit Jahrzehnten
- überwiegend intensive Landnutzung für maximale Erträge,
- großflächige eintönige Monokulturen,
- Entwässerung der Acker- und Grünlandflächen durch Drainagen,
- mangelhafte strukturelle Vielfalt,
- umfangreicher Pestizideinsatz (Herbizide, Insektizide, Fungizide),
- dominanter Anbau von Energiepflanzen und von Futterpflanzen (vorwiegend Mais) für große Viehbestände in der Massentierhaltung,
- hohes Nährstoffniveau in den Böden und hohe Nitratgehalte im Grundwasser durch den immensen Eintrag von Wirtschaftsdünger, vor allem Gülle.
Gravierende Rückgänge bei den Pflanzen- und Tierarten der Offenlandschaft sind die Folge dieser sogenannten guten landwirtschaftlichen Praxis. So ging etwa der Insektenbestand in Deutschland von 1989 bis 2015 um 75% (Biomasse) zurück. Dabei leisten Wildbienen als Bestäuber unschätzbare Dienste für die Nahrungsmittelproduktion. Seit 2008 nehmen ferner die Bestände von 26 der 30 Feldvogelarten ab. Über zehn Millionen Brutpaare unserer Feld- und Wiesenvögel haben wir seit 1980 verloren.
Die nebenstehende Grafik zeigt den Verlust der Agrarvögel seit 1980 (Grafik: NABU)

Die beherrschenden Teile der Agrarlobby verteidigen die intensive Landwirtschaft. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) subventioniert diese Praxis im großen Stil. Von 2023 bis 2027 stehen jährlich 6,3 Milliarden Euro an EU-Mitteln für die Agrarförderung in Deutschland zur Verfügung (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL), vorwiegend für flächenbezogene Direktzahlungen, die an keinerlei Bedingungen geknüpft sind. Große Betriebe profitieren am stärksten. Umwelt- und naturschonende Bewirtschaftungsmethoden werden nur im vergleichsweise geringen Umfang honoriert. Informationen des Umweltbundesamtes geben einen weiteren Einblick in die europäische Agrarpolitik, Subventionen und Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt und das Klima. Hier beantwortet der NABU wichtige Fragen zur Gemeinsamen Agrapolitik der EU.
Der Futtermittelanbau für die hohen Viehbestände belegt sehr viel Ackerfläche, hier und in Übersee. Gemäß Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) werden ca. 30% des Bedarfs an verdaulichem Eiweiß importiert, z. B. Sojaschrot aus Nord- und aus Südamerika, wo immer noch Regenwald für neue Plantagen gerodet und damit die Klimakatastrophe weiter angeheizt wird.
Eine Halbierung des Fleischkonsums in Deutschland (auf rund 400 Gramm pro Kopf und Woche)
und stattdessen mehr Konsum pflanzlicher Nahrungsmittel vermindern den Umfang der benötigten Fläche deutlich – sowohl in Deutschland wie auch im Ausland. Damit sind substanzielle Maßnahmen für Natur- und Klimaschutz umsetzbar, ohne die Ernährungssicherheit aufs Spiel zu setzen oder Deutschland geostrategisch von Lebensmittelimporten abhängiger zu machen. Denn pflanzenbetonte Ernährung ist doppelt so flächeneffizient wie tierische: Die Erträge von einem Hektar pflanzlicher Nahrung ersetzen zwei Hektar für Viehfutter, das später als Fleisch, Milch oder Eier auf dem Teller landet.

Die großen Viehbestände haben auch wesentlichen Anteil an den unmittelbaren Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft, vor allem Methan und Lachgas, die weltweit 14 % der Gesamtemissionen an Treibhausgasen (THG) ausmachen (mittelbare THG-Emissionen, wie sie z. B. bei der Herstellung von chemisch synthetischem Düngern oder Pestiziden entstehen, nicht eingerechnet). Methan entsteht unter anderem bei Verdauungsprozessen von Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen), ist 25 mal klimaschädlicher als Kohlendioxyd (CO2) und macht (umgerechnet in CO2-Äquvalente) rund 51% der THG-Emissionen der deutschen Landwirtschaft aus. Lachgas ist 300 mal klimaschädlicher als CO2, entsteht z. B. bei der Ausbringung von mineralischen und organischen Düngern sowie der intensiven Bearbeitung von Böden und hat einen Anteil (CO2-Äquivalente) von rund 44% an den landwirtschaftlichen THG-Emissionen (THG-Anteile im Jahr 2018, Quelle: Umweltbundesamt).
Trockengelegte Moore, oft landwirtschaftlich genutzt, sind gigantische THG-Schleudern. Aus ihnen entweichen 72% aller globalen Lachgasemissionen. Obwohl Moore nur rund drei Prozent der Landfläche bedecken, speichern sie ein Drittel der erdgebundenen Kohlenstoffvorräte. Alle Wälder der Erde zusammengenommen speichern nur etwa die Hälfte davon. Hier gibt es weitere Informationen dazu.
In seinem Grundsatzprogramm Offenlandschaft gibt der NABU Argumentationshilfen und Denkanstöße für alle, die sich für Natur- und Klimaschutz, Landnutzung und Ernährung interessieren. Auf der Webseite Offenlandschaft ist das Dokument auch zum Herunterladen verfügbar.
Agrarlandschaft im Münsterland
Massentierhaltung und Agrargasanlagen führen zu Äckern mit Mais und anderen Futter- und Energiepflanzen, die die Agrarlandschaft des Münsterlandes im Sommer prägen. Auf 76 % der landwirtschaftlichen Fläche werden Viehfutter und Energiepflanzen angebaut. Auf nur 14 % der Flächen wachsen Lebensmittel für den direkten menschlichen Verzehr wie Obst, Gemüse und Nahrungsgetreide (Faiß, N. (2020): Bestandsaufnahme der Versorgungssituation im Regierungsbezirk Münster. – Masterarbeit an der FH Münster).

Es wird fünf mal soviel Schweinefleisch erzeugt wie in der Region nachgefragt. Auch die Erzeugung von Rindfleisch und Frischmilcherzeugnissen übertrifft den Bedarf um ein Vielfaches. Obst und Gemüse werden hingegen nur zu einem äußerst geringen Teil im Münsterland angebaut und müssen in großem Stil aus anderen Regionen Deutschlands, der EU und der Welt hierher transportiert werden (Faiß, N. (2020): Bestandsaufnahme der Versorgungssituation im Regierungsbezirk Münster. – Masterarbeit an der FH Münster).

Die als Dünger ausgebrachten Güllemengen aus den großen Viehbeständen führen in vielen Gebieten zu Nitratwerten im Grundwasser, die den für Trinkwasser festgelegten Grenzwert von 50 mg/l überschreiten. Je höher der Nitratwert, desto höher das Gesundheitsrisiko, besonders Säuglinge sind gefährdet. Auch grundwasserabhängige Ökosysteme werden geschädigt. Die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie in deutsches Recht (Frist Dez. 1993) wurde von der Politik unter Einflussnahme der Agrarlobby mehr als 26 Jahre verschleppt und konnte erst mit einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof und schließlich der Androhung von Strafzahlungen in Höhe von 850.000,- EUR/Tag durchgesetzt werden. Aber auch die daraus entstandene Düngeverordnung wurde von der EU bemängelt und führte zu einem weiteren Klageverfahren. Die mit Nitrat belasteten Gebiete müssen nun gemäß neuer Vorschrift ausgewiesen werden. Im Januar 2024 gelten gemäß Landesumweltamt (LANUV) 25 % der Fäche von NRW als mit Nitrat belastet. Das LANUV präsentiert hier unter Eckdaten zur Neuausweisung der nitratbelasteten Gebiete (01/2024) die Flächen in einer Karte.
Auch die Oberflächengewässer sind vorwiegend durch die Landwirtschaft stark belastet. Mit Einführung der EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde europaweit angestrebt, alle Flüsse, Seen, Grundwasser und Küstengewässer bis spätestens 2027 (vorherige Frist 2015 wurde nicht gehalten) mindestens in einen „guten ökologischen“ und „guten chemischen Zustand“ zu überführen. Die Ems und ihre Zuflüsse im Münsterland erreichen diesen Zustand in 2024 nur zu etwa 5 %. Dort überschreiten ferner 75 % der Grundwasservorkommen die Nitrat-Grenzwerte. Weitere Informationen zur Wasserrahmenrichtlinie gibt es z. B. hier vom NABU und hier bei Wikipedia.
Mit hohen Güllefrachten wird ferner viel Stickstoff in den Boden eingetragen. Das vertragen nur wenige nährstoffliebende Pflanzenarten. Diverse Wildkräuter werden verdrängt und fehlen als Nahrungsquelle z. B. für Wildbienen.